Aida Touma-Suliman (Israel)


 

«Die Mehrheit der Feministinnen in unserer Gesellschaft ist sich den Repressionen gegen sie bewusst und lehnt sie schweigend ab. Aber sehr wenige von ihnen ergreifen die Initiative, um die Situation zu ändern.»

Vor 13 Jahren gründeten Aida Touma-Suliman, Palästinenserin mit israelischer Staatsbürgerschaft, und sechs andere Frauen in Nazareth Frauen gegen Gewalt (WAV)als Vertretung für die Rechte der Palästinenserinnen. 1993 gründete WAV Zufluchtsstätten und Krisenzentren für misshandelte Frauen der arabischen Welt. Die Gruppe errichtete ein Durchgangshaus für Frauen, die ihr Leben nach dem Verlassen gewalttätiger Ehen wieder aufbauen wollen. Aida ist international für die Verteidigung der Rechte der palästinensischen Gesellschaft und der Frauen und für die israelisch-palästinensische Friedensförderung aktiv.

1992, als Frauen gegen Gewalt (WAV) gegründet wurde, war das Problem der geschlechtsbezogenen Gewalt ein Tabu, mit dem sich niemand in der palästinensischen Gesellschaft beschäftigen wollte. Man wollte das Problem nicht aufdecken und es war nicht zulässig, es an die Öffentlichkeit zu bringen oder Frauen zu überreden, Schutz außerhalb ihrer Familien zu suchen. Nur sehr wenige Frauen hatten die Weitsicht, die gesellschaftliche Wahrnehmung der Rolle der Frau zu analysieren. Unter diesen Frauen ist Aida Touma Souliman: “Wir waren Feministinnen: Psychologinnen, Sozialarbeiterinnen und Anwältinnen. Wir begegneten vielen Situationen, in denen wir Zeuginnen von Gewalt oder unsere Klientinnen Opfer von Gewalt waren. Und was uns schockierte, war, dass das jede und jeder akzeptierte. Es geschah, es war normal und niemand wollte darüber sprechen. Das gab uns von Anfang an Antrieb. Wir beschlossen, dass wir handeln mussten.“
Touma ist bei ihrer Arbeit mit der Opposition der konservativsten und religiösesten Kräfte der Gemeinde konfrontiert. Sie ist berühmt dafür geworden, sich mit den schwierigsten Fällen von Gender-Gewalt zu beschäftigen und ist manchmal das Ziel gewalttätiger Wut von Männern, deren Frauen und Kinder die Hilfe und Dienste der WAV nutzen. Weil sie die Lobbyarbeit leitete und für Gerechtigkeit und gegen die Diskriminierung von Palästinenserinnen durch die israelische Regierung eintrat, galt Touma für die Entscheidungsträger/-innen vieler Behörden als unakzeptabel. Touma sagt: “Die Tatsache, dass wir ein Teil des palästinensischen Volkes sind, macht es schwer für uns, weil wir immer, wenn wir als Frauen über unsere Probleme in der Öffentlichkeit reden möchten, die Antwort erhalten: ‘Jetzt ist nicht die Zeit, sich mit diesen Problemen zu beschäftigen. Wir haben Wichtigeres zu tun’. Das ist aber überhaupt keine Entschuldigung für die Missachtung der Frauenrechte.“

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