«Wir weigern uns, still zu sein! Frei die Meinung zu äußern ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Freiheit.»
Seit 1980 ist Leyla Zana aktiv, um Anerkennung der sozialen, politischen und kulturellen Rechte der kurdischen Bevölkerung zu schaffen und eine friedliche Lösung des Kurden-Konflikts zu finden. Sie war Abgeordnete der Demokratischen Partei (1991 – 94), politische Gefangene (1994 – 2004) und ist seit 2004 Mitinitiatorin der DTH, einer neuen Bewegung für eine demokratische Gesellschaft. Sie ist zum Symbol des Kampfes für Menschenrechte, Demokratie und Frieden geworden. Ihr Mut hat die öffentliche Meinung Europas für die Probleme der Kurden sensibilisiert und viele Frauen dazu inspiriert, aktiv zu werden.
Es war einmal ein kleines Mädchen, das weder sprechen noch lernen durfte, ohne bedecktes Haar das Haus nicht verlassen durfte und viele Fragen hatte: Warum gingen Jungen in die Schule, aber Mädchen nicht? Warum kamen Männer nicht in die Hölle, aber Frauen, die frei herumliefen? Das Mädchen liebte die Auen, die Berge, die Landschaft und ihre Freiheit. Hier und da rebellierte sie und weigerte sich, ein Kopftuch zu tragen, aber mit knapp 14 Jahren musste sie sich ihrer Familie beugen und den für sie ausgesuchten 20 Jahre älteren Mann heiraten. Schwanger mit 16, erfuhr sie von der Verhaftung und Folter ihres Mannes. In ihrem Land, wo Dörfer niedergebrannt und Menschen abgeschlachtet wurden, fand sie sich allein mit zwei kleinen Kindern wieder; sie war gezwungen, auf eigenen Füßen zu stehen und weiterzumachen – ein Leidensweg, der sie stärkte. Zehn Jahre später sprach eine junge Frau mit Stirnband in Rot, Gelb und Grün, den Farben ihres Volkes, vor zehntausenden Menschen bei einer Wahlversammlung, von den Männern angefeuert. Sie wurde gewählt und sagte ihre Meinung. Im Parlament wurde sie von den alten Männern niedergebrüllt, weil sie einige Worte in einer verbotenen Sprache sprach und Brüderlichkeit forderte. Sie wurde festgenommen und doch nicht zum Schweigen gebracht: Sie schrieb Briefe über ihre Sehnsucht nach Frieden und Freiheit, nach Frühling, in dem “innerhalb weniger Tage die Landschaft von Blumen übersäht ist … Dann bin ich frei wie ein Vogel in den Bergen von Kurdistan.” Sie wollte den Kurdinnen – und allen Frauen – diese Nachricht übermitteln: “Macht den Mund auf! Fangt an zu sprechen! Drückt euch so aus, wie es euch entspricht! Damit niemand zu uns sagen kann: ‘Sei still, Frau!'” Viele Frauen sind nicht länger still; ihre Solidarität ist groß und gibt Stärke und Unterstützung. Nach zehn Jahren Gefängnis ist Leyla Zana frei und setzt ihren Kampf für Frieden und Freiheit fort.